Kokon vs. Kawumm

von Peggy Kammer

Kokon versus Kawumm

 

 

"Ich wusste bisher nicht, wie hell das Licht war,

bis ich es hier in diesem zerbrochenen Glas entdeckte."

 

Henri Nouwen


Ich war noch nie ein Fan von Ausgleich. Maßhalten, "mal sachte machen"?

Entweder bin ich da. Oder ich tauche ab.

 

Die sogenannte 'goldene Mitte' erscheint mir oft halbgar, manchmal halbseiden. Luschig und mutlos. Kraftlos.

 

Und die Wahrheit hab ich da auch nie gefunden. Zumindest nicht in der oberflächlichen Mitte.

 

Das Leben ist doch eine Wucht. Wieso sollte man es enttäuschen?

 

 

* * * * *

 

Das Wort "Wucht" hatte ich lange nicht benutzt. Nicht mal gedacht.

 

Und wahrscheinlich gibt es sie nur selten: die kostbaren Momente, in denen man ergriffen ist. Erschüttert bis ins Mark. 

Diese Wucht des Erschüttert-Seins hat nichts Gefälliges oder Wohliges. Es fühlt sich nicht einfach gut an und fertig.

 

Etwas berührt und reißt das Korsett der Kontrolle, der Überzeugungen, der Gewissheiten auf. Es durchbohrt die Vorhersagbarkeiten des täglichen Einerleis und sprengt die flirrenden Ketten der Verzettelung, der Vervielfältigung des stetig Gleichen.

 

Es trifft einen mitten ins Herz. 

 

Erschütterung ohne Ansage, ohne Vorwarnung. Keine Vorbereitung auf den Einschlag.

Kawumm.

 

 

* * * * *

 

Seit geraumer Zeit begegnen mir immer wieder gut gemeinte Tipps und Ratgeber, die einen beschützen wollen vor den schlechten Nachrichten aus der Welt. Dann wird einem empfohlen, den Nachrichtenkonsum einzuschränken, sich auf das Schöne zu besinnen, dankbar zu sein.

 

Atemübungen, Yoga, entspannte Zeit mit der Familie oder Freunden und einfach mal abschalten. Die Welt auf "stumm" stellen.

 

Freilich bringt es nix, 24/7 am News-Tropf zu hängen. Das überflutet und hält einen gefangen in einer Konsumspirale der Ohnmacht.

Ein Dauerrauschen ohne Kulmination. Ohne Wucht. Ohne Erlösung. 

 

Aber ein Leben im Wattebausch?

 

Ohne Angesprochensein, ohne Ergriffensein. Ohne wirklich da zu sein. 

Ein Kokon der Unberührbarkeit.

 

 

* * * * *

 

 

"Die feurige Materie all meine Wollenkönnens unbändig wallend,

all das mir Mögliche vorwelthaft kreisend,

verschlungen und wie untrennbar,

die lockenden Blicke der Potenzen aus allen Ecken flackernd,

das All als Versuchung,

 

und ich,

im Nu geworden,

beide Hände ins Feuer, tief hinein,

wo die eine sich verbirgt, die mich meint,

meine Tat, ergriffen: Nun!"

 

(Martin Buber in "Ich und Du")

 

 

* * * * *

 

 

Wir werden stetig angesprochen. 

 

Manches geht an uns vorbei, einiges interessiert uns.

Vieles regt uns an oder auf.

 

Wenige Ansprachen berühren uns.

 

Und manchmal werden wir erschüttert. Kawumm.

Ein Fingerzeig unseres Schicksals, unseres Auftrags in der Welt.

 

Wäre doch blöd, dem nicht zu folgen, oder?  

 

 

 

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